Phantasievoll und bildhaft, aber mir fehlte die Spannung

Titel: Der Weltenexpress (1)

Autor: Anca Sturm

Verlag: Carlsen

Ausgabe: Hardcover

Seiten: 384

ISBN: 978-3-551-65411-3

Preis: 14,99 €

 

Quelle des Covers: Carlsen Verlag

 


 

 

Immer wieder zieht es Flinn Nachtigall an den stillgelegten Bahnhof ihres Heimatortes Weidenborstel. An jenen Ort, an dem ihr Halbbruder Jonte vor zwei Jahren spurlos verschwunden ist. Alle Bemühungen von Seiten ihrer Mutter und der Polizei, ihn zu finden, blieben leider erfolglos. Einzig eine Postkarte ist Flinn geblieben, die sie drei Wochen nachdem Jonte nicht nach Hause kam, von ihm erhalten hatte.


Und gerade diese Postkarte lässt Flinn hoffen, dass sie Jonte finden wird, denn nur sie erkennt darauf eine Eisenbahn. Sie ist überzeugt, dass ihr Bruder sich an Bord befindet. Das Problem ist nur, gibt es diesen Zug wirklich, und falls ja, wie gelangt Flinn dorthin?


So sitzt Flinn Nacht für Nacht am Bahnhof und wartet. Und als tatsächlich eines Abends ein Zug in den Bahnhof einfährt, überlegt Flinn nicht lange und springt als blinder Passagier geradewegs in ein Abenteuer, welches ihre kühnsten Erwartungen übertreffen wird.

 


Alleine schon wegen dieses tollen Covers musste ich das Buch Der Weltenexpress von Anca Sturm (Carlsen Verlag) lesen. Darüber hinaus versprach der Klappentext ein fantastisch-magisches Leseerlebnis.


Die Idee eines fahrenden Internats in Verbindung mit Magie und außergewöhnlichen Jugendlichen gefiel mir. Die Landschaften der bereisten Städte mit ihren wunderbaren Bahnhöfen, hat die Autorin sehr atmosphärisch beschrieben und ich fühlte mich, als ob ich ein Teil dieser Reise wäre. Ebenso hatten es mir die vielen Details von magischen Gegenständen, wie zum Beispiel das Anzeigen des Ortes unterhalb der Fenster, wo sich der Zug gerade befand, angetan. Auch die bewegenden Bilder an der Zugdecke, woran man die Reiseroute erkennen kann, faszinierten mich und ließen mein Herz höher schlagen.

 

Als sich Flinn endlich die Möglichkeit bietet, auf den sagenumwobenen Welten-Express aufzuspringen, zögert sie zunächst, erinnert sich aber dann an das Motto ihres Bruders Jonte - "Sei furchtlos und kühn!". Nachdem es Flinn gelungen ist, die Tür des letzten Wagons zu öffnen, begibt sie sich auf die Suche nach einem Schaffner und stößt schon bald mit einem Jungen zusammen. Fedor, der von allen nur als der "Kohlenjunge" bezeichnet wird, arbeitet im Zug und versorgt diesen während der Fahrt mit eben jener Kohle. Fedor mochte ich sofort, da er das Herz am rechten Fleck hat und ihn ein Geheimnis umgab, welches ich unbedingt erfahren wollte. Schnell freunden sich die beiden an und er ist Flinn eine große Stütze bei der Suche nach Jonte.

 

Auch mit Pegs, einem pfiffigen Mädchen sowie dem Jungen Kasim, den etwas Mysteriöses umgibt, schließt Flinn schnell Freundschaft. Überhaupt kommen die Themen Freundschaft und Zusammenhalt in dieser Geschichte des Öfteren zum Ausdruck, was mir gut gefiel.

 

Flinn ist keine typische Jugendliche, schon alleine ihr Name Flinn Nachtigall macht ihr das Leben schwer. Für ihr Alter von 13 Jahren ist sie schon jetzt größer und schlanker, als ihre Mitschülerinnen. Auch kleidet sie sich eher wie ein Junge, was nicht gerade zu ihrer Beliebtheit bei ihren damaligen Klassenkameraden beigetragen hat. Ebenso ihre Schüchternheit und Traurigkeit, über das Verschwinden ihres Halbbruders Jonte, erschweren den Kontakt zu Gleichaltrigen. Darüber hinaus leidet sie unter der entgegengebrachten Kälte ihrer Mutter. Mutterliebe und Geborgenheit sind für Flinn daher Fremdwörter, die sie seit dem Verschwinden ihres Bruders nicht mehr erfahren hat. Das Verhalten der Mutter konnte ich absolut nicht nachvollziehen.

 

Eigentlich alles Attribute, bei denen man den Charakter mögen müsste, aber leider war mir Flinn nicht so sympathisch. Denn mit ihrer doch teilweise recht ruppigen Art und Ausdrucksweise gegenüber Pegs, Kasim oder Fedor stößt sie ihre Freunde häufiger vor den Kopf. Dabei hält sie es nicht einmal für nötig, sich danach bei ihnen zu entschuldigen, obwohl es ihr selbst aufgefallen ist, dass sie falsch reagiert hat. Doch ihre Freunde halten zu ihr und gemeinsam versuchen sie das Verschwinden von Jonte zu lüften und hinter die Geheimnisse, die sich um den Welten-Express ranken, zu kommen. 

 

Pegs ist eine verrückte und liebenswerte Person, die ich sofort in mein Herz geschlossen habe. Ihr Traum ist es, eine erfolgreiche Modedesignerin zu werden, was ihren Hang zu ausgeflippten Klamotten, die sie trägt, erklärt.


Kasim, ist geheimnisvoll, da man über seine Herkunft und seine Vergangenheit nur wenig erfährt, was mich umso neugieriger werden ließ. Auch er sticht durch seine blauen Haare und seinen ständigen Appetit aus der Masse der Schüler heraus. Sehr zum Leitwesen von Madame Florett.


Zwar haben mir die Grundidee und der Schreibstil gefallen, allerdings fehlte es mir an Spannung und das Mitfiebern im Hinblick auf den verschwundenen Jonte. Ebenso kamen mir die Lehrer recht seltsam und freaky vor. Ein Lehrer der sich mindestens 3-mal in der Woche vor Unterrichtsbeginn krank meldet, nur um dann letztlich doch seinen Kurs in Benehmen zu halten, entlockten mir ein kleines Stirnrunzeln. Fast kam es mir so vor, als ob er Angst vor seinen Schülern hätte. 


In vielerlei Hinsicht mehr als sonderbar ist Madame Florett. Ich empfand sie als sehr herrisch im Umgang mit den Schülern und darüber hinaus als äußerst egoistisch, da sie ihr Ziel eisern und ohne Rücksicht auf etwaige Konsequenzen verfolgte.

 

Der Schluß hielt noch die eine oder andere Überraschung parat, aber so wie alles endete, hat es mir insgesamt gut gefallen.

 


Die Idee und das Grundgerüst von Der Weltenexpress von Anca Sturm (Carlsen Verlag) konnten durchaus bei mir punkten, aber ich empfinde die Geschichte als ausbaufähig, gerade was die Spannung und das Miträtseln angehen. Zwar ist der Schreibstil recht bildhaft, aber des Öftern kam er mir ein wenig holprig vor. Nichtsdestotrotz konnte ich mir den Internatszug mit seinen magischen Elementen und den tollen Landschaftsbeschreibungen gut vorstellen. 

 

Mehr als 3 von 5 Nosinggläser kann ich für diesen Trilogieauftakt, aus den vorgenannten Gründen, leider nicht vergeben, was ich sehr schade finde. Das Potenzial der Autorin ist definitiv ersichtlich, weshalb ich hoffe, dass der zweite Band dies zum Ausdruck bringen wird. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob ich die Reihe weiterlesen werde.

 

 

 

 

 

 

Gemäß § 2 Nr. 5 TMG kennzeichne ich diese Rezension als Werbung. In meinem Beitrag befindet sich (zu informativen Zwecken) eine Verlinkung zur Webseite des Verlags, in welchem das Buch erschienen ist. Ihr erhaltet somit auch weitere Informationen zum Buch, zum Autor sowie eventuell auch zu weiteren Romanen.

Quelle: http://uwes-leselounge.blogspot.com/2018/08/rezension-der-weltenexpress-von-anca.html